1983 beauftragten die Sänger*innen des ehemaligen Schüler-Eltern-Lehrerchores der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Berlin-Marienfelde den Kasseler Musikstudenten Horst Zimmermann, damals Pianist des Hans-Beimler-Chores, mit der musikalischen Leitung ihrer Chorgruppe.

In den friedensbewegten und basisdemokratischen 80er Jahren fanden wir unseren Ort in Kreuzberg, sangen auf Gewerkschaftsveranstaltungen, sammelten für Obdachlose und diskutierten intensiv über unser Chorrepertoire: Einigen war es zu politisch, anderen zu unpolitisch.

Mit der Zeit entstand das typische con forza-Repertoire mit viel Lust auf Internationalität, Originalsprachlichkeit und stilistische Vielfalt. In unseren Konzertprogrammen präsentierten wir immer auch sozialkritische Texte vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, z. B. „Ich armer Mann“ von Orlando di Lasso oder „Gegen den Krieg“ von Brecht und Eisler.

Trotz weltlicher Schwerpunktsetzung hatten wir von Beginn an auch ausgewählte geistliche Werke im Repertoire. Beispiele aufgeführter Komponist*innen sind Janequin, Heugel, Senfl, Dowland, Monteverdi, Rossi, Schütz, Mozart, Dvořák, Hensel, Eisler, Hessenberg, Stodola, Theodorakis, Rutter und viele mehr.

Wir eigneten uns nicht nur die Sprachen der gängigen Chorliteratur wie Italienisch, Französisch, Englisch, Spanisch und Latein an, sondern sangen auch auf Tschechisch, Rumänisch, Ungarisch, Griechisch, Hebräisch, Kroatisch, Schwedisch, Katalanisch, Armenisch, Yoruba, Zulu, Japanisch und weiteren Sprachen.

Regelmäßige Chorwochenenden im Berliner Umland, aber auch Chorreisen ließen uns als Gruppe zusammenwachsen. So führten uns Austauschprojekte mit wechselseitigen Besuchen und gemeinsam gestalteten Konzerten 1990 nach Tallin zum Chor Olevine, 2001 nach Prag zu En Arché und 2010 und 2015 nach Köln zu Les Saxosythes.

In Berlin fanden wir in ECHO 36 einen Kreuzberger Partnerchor, mit dem wir seit den 2010er Jahren regelmäßig größere Werke unter der Leitung von Horst Zimmermann aufführten, darunter mehrfach den Mauthausen-Zyklus von Mikis Theodorakis auf Gedichte von Iakovos Kambanellis.

Der Komponist Rudolf Stodola (1946-2019) von der Theatermanufaktur Berlin schrieb für uns die „Chorkantate 1848“, in der der gebürtige Wiener Originaltexte des Vormärz und der Revolution von 1848 vertonte. Seit der Uraufführung 2004 im Ballhaus Naunynstraße brachten wir das Werk wiederholt zu Gehör, so auch in Auszügen am 29. Mai 2011 bei der Eröffnung der Ausstellung zur Berliner Märzrevolution auf dem Friedhof der Märzgefallenen im Friedrichshain.

Mit seinen musikwissenschaftlichen Forschungen und Publikationen hat Horst Zimmermann wesentlich zur Wiederentdeckung des Kasseler Hofkomponisten Johann Heugel (ca. 1510-1584/85) beigetragen. Seit 2012 ließen wir begeistert weltliche und geistliche Werke des zu Unrecht vergessenen Renaissancemeisters erklingen, die seit 400 Jahren kein Publikum mehr gehört hatte.

Im Juli 2023 feierten wir bei ausverkauftem Haus unser 40-jähriges Jubiläum mit einem vielfältigen Konzertprogramm aus vier Jahrzehnten Chorgeschichte. Dankbar verabschiedeten wir uns von Horst Zimmermann, der unser Ensemble musikalisch gebildet und zu einem vielseitig aufgestellten Kammerchor mit breitem Repertoire geformt hat.

Seit Herbst 2023 setzt Dr. Yael Front, ehemals Leiterin der Cincinnati Chamber Opera, frische musikalische Akzente, arbeitet intensiv an unserer Intonation und bereichert unser Repertoire weiter. So standen beim Konzert vom 23. Juli 2024 mit „Blackbird“ von den Beatles erstmals ein Popsong und mit „Aka-Tonbo“ von Kosaku Yamada ein japanisches Kinderlied auf dem Programm.